„Mauline“ und Richard Wagner

Museum Geschichten, Dr. Miloš Říha, 2004

Im November 1860 kam der österreichische Botschafter Fürst von Metternich mit seiner Ehefrau auf die kaiserliche Herbstresidenz in Compiegne. Die Fürstin Pauline erzählte hier allen mit Begeisterung, wie sie den genialen Komponisten Richard Wagner kennenlernte. Im Juni 1860 schenkte er ihr sogar ein kurzes Opus „Schmerzen“ und die Partitur ergänzte er um seine persönliche Widmung und eigenhändige Unterschrift. Die Begeisterung der Fürstin für Richard Wagner wurde allerdings von den anderen nicht erwidert. Alle behaupteten ihr überzeugt, dass sich „seine abscheuliche Zukunftsmusik, wo jeder Akkord falsch klingt“, in Frankreich und speziell in Paris nicht durchsetzen kann. Frankreich liebt doch nur reine Melodie!

Solche eindeutige Verurteilung konnte sich Pauline allerdings nicht gefallen lassen. Nicht umsonst wurde sie „Mauline Petternich“ genannt. Für ihre und Wagners Kritiker bereitete sie eine raffinierte Rache vor. Auf dem Ball in den Tuilerien wurde ihr dazu eine Gelegenheit angeboten, als sie der Kaiser Napoleon III. aufsuchte und begann sich mit ihr zu unterhalten. Als sich das Gespräch in Richtung Oper bewegte, sagte sie ihm, dass sie am meisten bedauert, dass das Repertoire der Oper ganz begrenzt ist – es bewegt sich nur zwischen „Wilhelm Tell“, „Die Hugenotten“ und „La Favorita“. Warum ist es bei uns, in der Pariser Oper, nicht möglich, auch neue und erfolgreiche Werke zu präsentieren, wie es auf den größten Bühnen in Österreich und Deutschland der Fall ist? „Jetzt oder nie!“, sagte sich die Fürstin und erwähnte als Beispiel den Richard Wagner und seinen „Tannhäuser“: „Ich selbst hätte eine große Bitte – eine dringende Bitte an Ihre Majestät!“ – „Betrifft Ihre Bitte die Oper?“, erwiderte der Kaiser lachend. – Ja. Sie betrifft eine Oper, die ich gerne mal in meinem Leben hier sehen möchte...“ – „Und von wem ist diese zauberhafte Oper?“ – „Von Richard Wagner, einem von den größten Komponisten unserer Zeit. Sie heißt ´Tannhäuser´ und wurde in Wien gespielt, wo sie alle Musikkenner als Meisterwerk bezeichneten“. – Der Kaiser kratzte sich in seinem Schnurrbart und murmelte. „´Tannhäuser´, Richard Wagner … ich kenne weder die Oper, noch den Komponisten...“ – Hören Sie, Bacciocchi,“ wandte sich der Kaiser auf seinen Oberkammerdiener, den Graf Bacciocchi, „die Fürstin Metternich interessiert sich für Oper ´Tannhäuser´, vom gewissen Richard Wagner und sie möchte sie gern hier sehen – kümmern Sie sich darum!“

In der Pariser Oper wurde geprobt und geprobt. Noch im Winter kam Richard Wagner selbst, um das Orchester mit langen und anstrengenden Proben zu plagen. Die Rolle des Tannhäusers bekam ein bekannter Sänger namens Niemann, der zu diesem Anlass speziell aus Deutschland anreiste. Wie sich die Zeit der Premiere näherte, war Richard Wagner immer mehr nervös. In Paris hielt sich zu der Zeit auch Franz Liszt auf, der sich beeilte, den Freund zu beruhigen. Einmal kamen beide Komponisten zum Metternich und Liszt spielte auf dem Klavier vor, wie er sich den Marsch am Anfang der Oper vorstellen würde.

Als die Fürstin Pauline an dem großen Tag, den 13. März 1861, in ihre Loge in der Oper kam, wandten sich die Augen aller Anwesenden zu ihr. Ganz Paris wusste, dass der ganze Abend nur aus ihrem Anlass veranstaltet wurde. Aber die ganze Vorstellung war ein absoluter Reinfall! Pfeifen und Geschrei des Publikums nahmen kein Ende. Solchen Misserfolg erlebte die Oper noch nie. Fürstin Pauline weinte vor Scham und – wie sie in ihren Tagebuch schrieb – ihren schönen und teueren Fächer zerbrach sie in kleine Stücke.

Richard Wagner musste den „Tannhäuser“ zurückziehen und schwamm bis an den Hals in Schulden. Metternichs sprachen ihre Bekannten an, den Künstler zu unterstützen und selbst trugen sie mit 5.000 Franken bei. Innerhalb von 24 Stunden wurden 25 Tausend gesammelt und die Schulden konnten bezahlt werden. Der enttäuschte Komponist verließ Paris, das ihn nicht begriff. Wagners Partitur mit der Widmung von dem vorstehenden Jahr und auch der Name des Werkes selbst – „Schmerzen“ – erinnert die Besucher des Kuriositätenkabinetts an eine weitere vergessene Geschichte.