Das Geheimnis der Uhr ohne Zeiger

Museum Geschichten, Dr. Miloš Říha, 2004

Im Königswarter Kuriositätenkabinett von Fürst von Metternich sieht man eine „eigenartige“ Uhr. Das Zifferblatt besteht aus einem durchsichtigen Glas, es fehlen beide Zeiger und auch das Uhrwerk fehlt. Sie sieht sehr geheimnisvoll aus und weckt deswegen auch beachtliches Interesse der Besucher. In den letzten Jahren ist es gelungen auch das Geheimnis der „Uhr ohne Zeiger“ zu enthüllen.

In sein Eigentum erwarbt Fürst von Metternich diese französische Uhr, auf einem schlanken Bronzesockel mit reicher Verzierung stehend, während nicht näher bekannten Umständen. Bereits im Jahre 1852 befahl er seinem Schlosskustos ihre Eingliederung in die Museensammlung. Ganz anderer Meinung war aber Frau Fürstin und so befand sich die Uhr zuerst in ihrem Wiener Saloon. Erst im Jahre 1861 (nach dem Tod der Gräfin und den Grafen), erreichte sie im beschädigten und unfachmännisch reparierten Zustand die Königswarter Schlosssammlung.

Erfinder und Schöpfer der Uhr war Monsieur Jean-Eugene Robert-Houdin. Er wurde im Jahre 1805 in französischem Blois als Sohn eines Uhrmachers geboren. Nach der Lehre beim Vater ging er im Jahre 1830 nach Paris, um in einem Seminar zu studieren und wurde bald durch seine komplizierten Uhren und Automaten berühmt. Seinen Uhrwerken gab er geheimnisvollen Namen, so wie „Horloge-Mere“ (Mutter-Turmuhr), oder „Pendule Mystérieuse“ (Mysterien-Pendeluhr). In Jahren 1839, 1844 und 1855 nahm er an den Weltausstellungen in Paris teil, wobei er eine ganze Reihe von Medaillen erwarb. Als Wissenschaftler u. Erfinder lies er sich viele seine Erfindungen patentiert. Er experimentierte viel mit Elektrizität. Für die Beleuchtung seines ganzen Schlosses erfand er eine elektrische Leitung, die mit einer Batterie betrieben wurde und das alles viele Jahre vorher, bevor noch Thomas Edison die kommerzielle Glühbirne erfand. Er konstruierte auch die erste elektrisch kontrollierte Alarmanlage der Welt.

Ms. Jean-Eugene Robert-Houdin wurde ein weltberühmter Zauberer und gilt bis heute als anerkannter Vater der modernen Magie. Seine bekannte Zaubernummer ist in die Geschichte der Magie eingegangen: mit verbundenen Augen beschrieb sein Sohn ganz genau verschiedene Gegenstände, wie die Zuschauer sie in die Höhe gehoben haben. Der Zauberer und sein Sohn benutzten einen geheimen, vorher besprochenen Kode. Damit er auf der Bühne seinen durch die Luft frei schwebenden Helfer zeigen konnte, konstruierte er eine besondere versteckte Einrichtung. Er verbesserte und vertiefte die Benutzung verschiedenen geheimen Falltüren, Deckeln und Schubladen. Er betätigte sich auch als Schriftsteller verschiedenen Büchern über Magie und Zauberei.

Sein ganzes Können, Erfindergeist und seine fachmännische Tüchtigkeit nutzte Ms. Jean-Eugene Robert-Houdin auch bei Herstellung der geheimnisvollen Uhr, die auch Fürst von Metternich irgendwann vor dem Jahre 1852 erwarb. Als im Jahre 1871 Ms. Jean-Eugene Robert-Houdin verstarb, wurden ihm zur Ehre in Paris, Blois, Bourges und Caen Straßen benannt. In seiner Heimatstadt Blois steht nach ihn benanntes Museum Rober-Houdin, wo manche seine Bücher, Zaubertricks, Uhrwerke und wissenschaftliche Geräte gesammelt und ausgestellt wurden.

Und wie seine Königswarter geheimnisvolle Uhr funktioniert hat? Der Uhrzeiger wurde sehr unauffällig am Rande des Zifferblattes an einem ganz dünnen unauffälligen Reifen befestigt. Dieser Reifen wurde mit einem Uhrwerk betrieben, das in Inneren des Bronzesockels versteckt wurde. Dieser dünne Reifen sieht wie eine feine Verzierung des Glaszifferblattes, drehte sich aber in Wirklichkeit einmal in 24 Stunden um seine ganze Achse. Mit ihm drehte sich gleichzeitig auch der Stundenzeiger (der ist noch vor 1861 verloren gegangen).

Als neulich ein Spezialist der schweizerischen Uhrwerkfirma Gübelin dieses Königswarter Kunststück des französischen Magiemeisters sah, verkündete er, dass dieses Uhrwerk bestimmt das Schmuckstück auf dem Königswatersschloss sei. Wie oft haben wir bereits ähnliche Äußerungen verschiedener Fachleute zur anderen Kunststücken, Gegenständen und Exponaten unseres Schlosses gehört. Erneut bestätigte sich, dass Königswartesammlungen in vielen Hinsichten wunderschöne Unikate sind.