Der Dolch vom Kaiser Napoleon III.

Museum Geschichten, Dr. Miloš Říha, 2004

Das war ein außergewöhnlich eleganter Ball, wie es sich die Fürstin Pauline, die Ehefrau des Fürsten Richard von Metternich, des österreichischen Botschafters am französischen Hof des Kaisers Napoleon III., in ihrem Tagebuch notierte. Aufsehen bereitete durch die blondhaarige Schönheit ihrer 21 Jahre die junge Herzogin de Morny, geborene Prinzessin Troubetzkoi. Im wunderschönen Kleid stellte sie den Morgenstern dar. Aber die Krönung des Abends war das Erscheinen der schönen Frau Ernesta Feydeay, der Ehefrau eines bekannten Romandichters. Ihrer prachtvollen Garderobe widmete Fürstin Pauline von Metternich einen ganzen Absatz in ihren Erinnerungen.

Der Kaiser Napoleon III. wählte diesmal statt der traditionellen, schwarzen Kutte das Kostüm eines Beduinen mit einem Turban aus weißer Wolle. Trotz der Maske konnte man den Kaiser nach seinem Benehmen gut erkennen, man durfte jedoch nicht zeigen, ihn erkannt zu haben. An dem Riemen trug der Kaiser eine reichlich verzierte Dolchimitation.

Über ihr Treffen mit dem Kaiser und das darauf folgende Gespräch schreibt die Fürstin Pauline in Ihrem Tagebuch: « Er kam, um mit mir zu sprechen und fragte mich, ob ich nicht Angst habe, wenn er derart bis an die Zähne bewaffnet sei. Ich antwortete ihm, dass ich vor lauter Angst ganz zittere und das einzige, was mich beruhigen könnte, wäre ein Geschenk – sein prächtiger Dolch. – Was willst du damit machen? – Ich nehme die Edelsteine heraus, aus denen ich schöne Schmuckstücke mache, die ich dann tragen kann! – Und weißt du, dass jeder Edelstein Millionen wert ist? – Ach, gehe doch! Da wundere ich mich! So ein armer Beduine würde schon längst die Edelsteine verkauft haben, wenn jeder einzelne Millionen wert wäre. Du bist bestimmt so nett und morgen früh, wenn du aufstehst, schickst du mir deinen Dolch. Ich mache daraus keine Schmuckstücke, sondern ich lasse ihn als Erinnerung in einem Museum aufbewahren, das mein Mann in der Tschechei auf einem Schloss namens Königswart hat!“ – Am nächsten Morgen erhielt ich ein kleines, gut eingepacktes Paket, in dem sich besagter Dolch und ein Papier befanden. Auf dem Papier wurden von dem Kaiser diese Worte geschrieben: „Von dem armen Beduinen“. »

Es ist kein Wunder, dass die schnippische Fürstin Pauline von Metternich von ihren Zeitgenossen einen Spitznamen „Mauline Petternich“ bekam. Der Dolch von dem Maskenkostüm des französischen Kaisers Napoleon III. aus der Ballsaison 1859/1860 hat wirklich schon seit mehr als 140 Jahren seinen Platz in der Ausstellungsvitrine im Königswarter Schlossmuseum.